HEINRICH HEINE, "Atta Troll"
Seht die Legebatterie!
Und man spricht vom Schlafen, Legen,
Wie der Hühnergott Kokonga
Doch es gibt auch solche Hühner
Gundis klagt: das schlechte Futter
Da in dieser Luft verpufft
Soll es unser Schicksal sein,
Wir sind Sklaven dieser Menschen,
Schon in jungen Tagen hat man
Lasst uns handeln, selbst wenn sie uns
Unser Ei ist unsre Waffe,
Hühner aller Batterien,
So schließt Gundis ihre Rede
"Sind zu schwach, um uns zu wehren,
Unsre Boxen werden kleiner
Rädelsführer wird man schlachten,
In der heißen Diskussion ist
Kaum fall'n Eier noch aufs Band,
Eine Handvoll Hühner legt noch,
Und nun herrscht gespannte Ruhe
Lang ist's still. Dann kommt nach Stunden
Holt tief Luft, damit er seine
Jedes Auge blickt auf Gundis'
Ihr habt lange nicht gehört
Wir sind doch ein Leben lang
Diese Forderungen wollen
Der Direktor kommt herein,
Gundis spricht mit fester Stimme
Des Direktors Lächeln sieht man
"Ihr nehmt's Recht, uns zu versklaven,
Und der Direx, überrascht,
Packt sie dann an ihren Krallen,
Mit dem frischen Hühnerbraten
Welch ein Schock! Die Niederlage
"Jetzt erst recht! Wie Gundis sagt,
Und wir werden reagieren
Legestreik und Hungerstreik -
Ungeteilt bleibt nicht der Beifall
Ein paar Kommentare geben
Denn auf eine Handvoll Hühner
"Lasst uns jetzt zusammenhalten",
Der, die jetzt noch etwas frisst",
Zuckt das Hühnervolk zusammen,
"Der soziale Druck beim Streik,
Futter sei den andern Hennen,
Der Appell des Huhns Carrar hat
Doch am Morgen weicht dem Hunger
Andre aber bleiben eisern,
In der Nacht zieht durch die Halle
Schließlich kommt dann der Gehilfe,
Und er hält die Luft an, bis die
Kämpft sich bis zu Gundis durch
Wieder diese Ungewissheit,
Inspiriert durch Langeweile
Manches Huhn nimmt an, dass Gundis
Viele teilen auch die Meinung,
Dann wird's stille, denn der Knecht
"Unser Kampf ist nun vorüber,
Während wir uns unbekümmert
Und es öffnen sich die Klappen
Man geht fort im Entenmarsch,
Auf und nieder geht ein Posten,
Man sieht Hühner Würmer suchen
Andre toben auf der Wiese
Ganz vergnügt und ausgelassen,
Menschen haben dort inzwischen
Alle reiben sich die Augen
Über ihren Legeboxen
Man setzt alle in die Boxen
Gundis' Box bleibt weit geöffnet,
"Voran, ihr Patriotenküken,
Dieses ist ein Tag der Freude,
Lasst uns unsern Blick fortan
Unser Ziel ist jetzt erreicht
Man hat einen freien Tag in
Der Direktor weist drauf hin,
Er hat meine Qualitäten
Raunen hört man's durch die Menge,
Aber machtlos sieht man zu,
Jedes Aufbegehren hat sie
Als sie fort ist, diskutiert man,
Plötzlich wird es totenstill -
Hört, ab jetzt besteht kein Grund mehr,
"Noch mehr Out-put-put-put-put",
Gundis schaut mit kalten Augen
Der versprochne Ventilator
Während auf der morschen Leiter
"Was ich noch erwähnen wollte",
Wer dies nicht erreichen sollte,
Aber wer die meisten Eier
"Du musst grad den Schnabel öffnen",
"Ich bin Aufsicht, wie ihr wisst,
"Das schlägt doch dem Grill den Rost aus",
Wirklich lachen alle Hühner,
"Sie verschweigt", grinst Gisela,
In den nächsten Wochen sammelt
Sie ziehn nicht mehr mit den andern
Mit ihr steht auf guter Kralle,
"Unser Aufstand ist gescheitert,
"Gegen einen Unterdrücker
"Unser nächster Freigang ist uns
"Wer will's nicht", raunt Gisela
"Ich werd unsre Wiese durch dies
Gisela dagegen ist
Der Direktor kommt zurück,
Und ihr habt als Querulanten
Er hebt Kunigunde hoch,
Blut spritzt durch die Batterie,
"Und was hast du jetzt davon,
"Diese böse Unterstellung,
"Dein Prinzip, das kennen wir",
Gisela, die unterdessen
Gundis, die noch schwer beleidigt,
Für den nächsten Freigang öffnet
Gisela ist überrascht:
Doch Clothilde schwenkt den Kopf:
Diese Alte hat genügend
Und kaum sind sie draußen, spüren
Eure Art, mit mir zu sprechen,
Schnäbel graben sich ins Fleisch
Dass die Gegenwehr vergeblich
Solch ein Dutzend scharfer Schnäbel
Gundis lobt die Mörderinnen
Schließlich geht sie nahtlos über
Spricht von Fleiß und Energie,
Dann bemüht sie sich, Karola
"Einen Traum hatt ich heut Nacht,
Und wir fraßen beste Würmer,
Und ein stolzer Hahn verstand es,
Einen Traum hatt ich heut Nacht
Niemand hat uns ungefragt
Alle konnten ungehindert
Einen Traum hatt ich heut Nacht
Vor dem Hahnenschrei am Morgen
Keinem Direx brauchte man
Nehmen wir das Schicksal endlich
Alle lauschen voller Andacht,
Seither glucken stets zusammen
Gundis Führerrolle wollen
Da sie in der Batterie
Aber bald ist das Vertrauen
Man will jedes Huhn befreien
Ein Gedanke von Karola
Hühner, die vertrauenswürdig,
"Liebe Schwestern, wir sind hier,
Lasst uns handeln, ehe Gundis
Und weil das Huhn ein Huhn ist,
Und weil das Huhn ein Huhn ist,
Und weil das Huhn ein Huhn ist,
Hühner auf der ganzen Erde,
Vorwärts und nie vergessen
Heldin Karola wird entfliehen;
Dann sind große Wachsamkeit
Die, die uns den Weg verstellen,
Und die Wahl des Legerates
Drum setzt alle Energien
Huhn Karola ist am Zaun,
"Hühner, hört die Signale,
Alle stürzen sich auf Gundis,
Hennen schreien, Federn fliegen
"Konterrevolutionäre
Streitet nun mit allen Kräften
Man zerbeißt der andern Flügel
Und der Posten, der schon manche
Er gesellt sich zu den Hühnern
Es gelingt ihm endlich, diese
"Euch die Arbeit zu erleichtern,
Ich ließ große Legeboxen
Darum werden jetzt die alten
Und es gibt für alle Hennen
Euer Ventilator hat sich
Auch der Auslauf wird gestrichen,
Bleibt ihr in der Batterie,
Ach, die Legeboxen habe
Hätt ich nur gehört auf Opa,
Doch ich habe nachgegeben,
Lächerlich sind Werbefilme
Wenn die Hennen auch den Ernst
Dann geht's in die Legeboxen,
Alle Hühner, welche starben
Gundis lebt auf einem Gutshof,
Die Geschichte dieser Hühner
Musste schwören, nichts zu sagen,
Und er führte mich zur Halle:
Tausend Hennen schrein und krähen
"Oh Kokonga, groß und gütig,
Was du ausgebrütet gestern,
Niemand spricht und niemand gackert,
Andere bedauern wieder,
"Haben wir uns aufgelehnt
Wer Kritik geäußert hat,
Heldin Karola ist geschlachtet
Und die andern nicken weise
Andre Zeiten, andre Hühner.
Freiheit! schreien Mandelbäume
Freiheit! schreien Enzian
Freiheit! schreien auch die Menschen
Ja, da staunst du, alter Freund
Eine Runde ist vorüber,
Unsre Kinder haben jetzt
Was ein Schrei nach Freiheit war,
habt Ihr all das tolle Zeug
aufgegabelt?
1. Kapitel
Gleich zwei Bänder laufen dort:
eines bringt das Hühnerfutter,
eines rollt die Eier fort.
spricht vom Fressen und Verdauen;
welch ein Krächzen und ein Gackern,
gerade wie bei Menschenfrauen.
faule Hennen brät am Spieß,
wie er die, die fleißig legten,
holt ins Hühnerparadies.
(quer durch alle Güteklassen),
die sich von dem Hühnerhimmel
länger nicht vertrösten lassen.
schade ihrem zarten Magen,
dass die Boxen viel zu eng sein
und die Luft nicht zu ertragen.
eine jegliche Beschwerde,
spricht sie eines Tags: "Wacht auf,
all ihr Hühner dieser Erde!
hier im Käfig zu verdrecken,
um am Schluss des kurzen Lebens
dann als Jungfrau zu verrecken?
welche unsre Zellen meiden.
Sie behandeln uns wie Tiere;
sagt, was schert sie unser Leiden?
uns die Freiheit fortgenommen,
dass die Herren Allesfresser
nur ihr Frühstücksei bekommen.
hängen, teilen oder rädern:
Hühner können nichts verlieren,
nichts als einzig ihre Federn!
und es ist jetzt an der Zeit
einen Legestopp zu machen:
frisch, zum Kampfe seid bereit!
einigt euch und ihr seid frei!
Erst wenn sie mit uns verhandeln,
legen wir das nächste Ei."
zu der großen Hühnerschar.
Dem folgt eine lange Stille,
dann erklärt das Huhn Carrar:
und zu jung, um zu krepieren,
und es wird noch schlimmer kommen,
wenn wir wirklich revoltieren.
und das Futter noch viel schlechter
und der Leistungsdruck noch größer
und der Mensch noch ungerechter.
andern liest man die Leviten,
und vermutlich wird man letztlich
uns das Gackern gar verbieten."
jedes Huhn zu Wort gekommen;
schließlich hat man demokratisch
Gundis Vorschlag angenommen.
welches Tag und Nacht nicht steht.
Auch Carrar hört auf zu legen:
hoch die Solidarität!
weil Gefahr vom Menschen droht;
ihnen drohn die andern Hennen
recht verärgert mit dem Tod.
2. Kapitel
in der Legebatterie:
ängstlich wartet auf den Menschen
widerborst'ges Federvieh.
und auf nicht ganz leisen Sohlen
der Gehilfe in die Halle,
um die Eier abzuholen,
Selbstbeherrschung nicht verliert,
und er fragt mit fester Stimme:
"Ja, was ist denn hier passiert?"
Zelle, und die Spannung steigt.
Gundis sagt: "Die Batterie
wird seit gestern Nacht bestreikt!
auf die vielerlei Beschwerden:
unsre Boxen müssen größer
und das Futter besser werden.
an die kleine Box gebunden -
darum woll'n wir Ausgang haben,
jeden Tag zwei volle Stunden.
wir dem Direx unterbreiten,
denn mit Knechten wie mit dir
wollen wir erst gar nicht streiten."
lässig, mit verschränkten Armen,
lächelt freundlich, und er fragt:
"Na, was wünschen denn die Damen?"
und vom Heldenmut beseelt,
und sie wiederholt noch einmal,
was sie schon dem Knecht erzählt.
hämisch in die Breite gehen,
und der scheuen Karla platzt der
Kragen - sie beginnt zu krähen:
und ihr lacht uns ins Gesicht,
doch wo Unrecht rechtens wird,
dort wird Widerstand zur Pflicht!"
sagt zu ihr: "Ich bin dafür -
komm, genieße deine Freiheit",
und er öffnet ihr die Tür,
greift nach seinem krummen Degen,
trennt den Kopf von Karlas Rumpf
und sagt nüchtern: "Weiterlegen!"
sieht man ihn nach draußen wandern;
nur den Kopf lässt er noch liegen
als Ermahnung für die andern.
3.Kapitel
leuchtet allen Hennen ein.
Als die ersten Eier fallen,
hört das Huhn Carrar man schrein:
gar nichts können wir verlieren,
und sie töten uns noch alle,
wenn wir jetzt nicht reagieren.
statt zu allem nur zu nicken -
wenn sie nicht mit uns verhandeln,
nun, dann werden wir nichts picken.
so was muss uns doch gelingen;
durch den Einsatz unsres Lebens
werden wir das Recht erzwingen!"
für dies große Hungerwerben;
Angst vorm Leben ist zwar da,
aber auch die Angst vorm Sterben.
dann der Stimmung eine Wende:
wer den Freiheitskampf begonnen,
führt ihn bis zum bittern Ende.
kann der Direx gern verzichten,
doch die ganze Batterie
wird er ja wohl kaum vernichten.
ruft nun Gundis überdreht,
"was zum Sieg der Hühner Not ist,
das ist Solidarität!
bricht es schrill aus ihr heraus,
"pick ich selber eigenschnäblig
ihre Hühneraugen aus!"
so des Eigensinns bezichtigt,
scharrt auch ängstlich mit den Füßen,
doch das Huhn Carrar beschwichtigt:
das ist sicher noch gegangen,
aber ungewollt zu sterben
kann man keiner abverlangen.
wenn sie leiden, gern vergönnt,
doch versucht es durchzuhalten,
wenn ihr es nur irgend könnt."
bald schon zum Erfolg geführt:
in der Batterie die Bänder
laufen weiter, unberührt.
all der aufgestaute Zorn:
ein paar Hühner picken wieder
‘s eine oder andre Korn.
so wie Gundis es gebot,
und am nächsten Abend sind schon
ein paar junge Hühner tot.
der Verwesenden Gestank,
und so ist am frühen Morgen
auch der Rest der Hühner krank.
und er muss sich fast erbrechen:
"Der Direktor", würgt er endlich,
"möchte jetzt mit Gundis sprechen."
Augen aus den Höhlen treten,
presst die Hand vor seinen Mund, so
wie es Hühner gerne täten,
an der Rückenwand des Baus,
öffnet ihre Legebox,
und er geht mit ihr hinaus.
4. Kapitel
wieder dieses bange Zittern:
alle warten krallenkauend
ängstlich hinter ihren Gittern.
und durch eklige Gerüche
brodelt in der Batterie
bald schon die Gerüchteküche.
jetzt in Einzelhaft verschmachtet,
manches weiß aus sich'rer Quelle,
Gundis würde notgeschlachtet.
sie sei einfach nur entflogen
und zu einem dieser Hähne
irgendwo aufs Land gezogen.
kehrt mit Gundis nun zurück;
ihre Stimme überschlägt sich
voller Stolz, Triumph und Glück:
und gelohnt hat sich das Warten:
heute bleibt das Fließband kalt,
und wir gehen in den Garten.
dort an der Natur berauschen,
wird man unsre kleinen Boxen
gegen neue große tauschen."
aller Hühner auf der Stelle;
nur die Streikbrecher verbleiben
wunschgemäß in ihrer Zelle.
und man gackert unbeschwert,
doch wer Flucht geplant hat, wird bald
eines Besseren belehrt.
der ein großes Beil hält.
Flucht kann nur das Leben kosten,
vierfach ist umzäunt das Feld.
oder Gänseblümchen pflücken,
manche nehmen Sonnenbäder,
und sie liegen auf dem Rücken.
so wie kleine Kinder nun,
spielen Kriegen und Verstecken
oder aber Blindes Huhn
und die Zeit verfliegt wie nie,
und am frühen Abend geht es
schon zurück zur Batterie.
neue Boxen installiert -
diese werden von den Hühnern
wohlgefällig inspiziert.
und zerreißen sich den Schnabel:
ihre Zellen sind recht groß jetzt
und auch äußerst komfortabel.
hängt ein Schild, geformt als Ei,
und es steht darauf geschrieben
schön geschnörkelt: "Legen macht frei!"
5. Kapitel
und verschließt die Legeklappen;
übers Fließband läuft heut Abend
auch ein wirklich guter Happen.
dass es jede sehen kann;
nach dem Abendessen setzt sie
schon zum nächsten Vortrag an:
dem Sieg gehörte dieser Tag!
Ihr habt der ganzen Welt bewiesen:
gemeinsam sind wir Hühner stark.
unsrer Freiheit, die beginnt,
auch der Trauer um die Schwestern,
die im Kampf gestorben sind.
auf die große Zukunft lenken,
doch bei allem, was wir tun,
auch der Märtyrer gedenken.
mit der besseren Verpflegung,
komfortablen Legeboxen,
Frischluft, Auslauf und Bewegung.
jedem Monat garantiert,
morgen wird ein Ventilator
in der Halle installiert.
welcher Aufwand ihm entsteht,
und verlangt im Gegenzug
hohe Produktivität.
auch als Führungskraft erkannt,
und mich drum zur Vorlegerin
der Batterie ernannt."
denn man kann sich nicht bequemen,
Extrawürste für Huhn Gundis
widerspruchslos hinzunehmen.
wie sich Gundis frei bewegt
und gelegentlich notiert,
wer wie viele Eier legt.
sich von Anfang an verbeten
und geht raus, um sich ein wenig
ihre Krallen zu vertreten.
und die meisten müssen lachen:
Chefin Gundis heißt für sie
sich ein Huhn zum Gärtner machen.
Chefin Gundis ist zurück,
blickt aufs Legeband und sagt:
"Das ist ja ein starkes Stück!
eure Arbeit zu verweigern;
vielmehr solltet ihr bemüht sein,
euren Output noch zu steigern!"
äfft sie Gisela nun nach,
und beschwichtigt sie darauf:
"Nur gemach, gemach."
Gisela ins Angesicht,
und wenn Blicke töten könnten...
aber Blicke töten nicht.
wird am Morgen eingebaut,
und inzwischen hat kein Hühnchen
sich zu reden mehr getraut.
ein paar Arbeiter sich quälen,
dreht Huhn Gundis ihre Runde,
um die Eier abzuzählen.
sagt sie kalt und sieht sich um,
"es sind täglich drei zu legen:
drei, das ist das Minimum.
liebe Schwestern und Genossen,
wird als Strafe dann beim nächsten
Mal vom Freigang ausgeschlossen.
legt mit Fleiß und Energie,
kriegt ‘nen freien Zusatztag
als die Heldin der Batterie."
wettert Gisela erregt,
"wie viel Eier hast denn du
schon seit gestern Nacht gelegt?"
darum hab ich wenig Zeit,
und ich bin vom Eierlegen
jetzt aus diesem Grund befreit."
wird nun auch Clothilde kühner.
"Du was Besseres als wir?
Mensch, da lachen ja die Hühner!"
und sie halten sich den Bauch,
dass die Batterie vibriert,
und die Menschen lachen auch.
"was ich sage unverhüllt:
keiner möchte ihre Eier,
denn sie sind mit Flaum gefüllt."
6. Kapitel
Gundis eine Schar Getreuer,
die ihr Regiment bestärken
mit fast religiösem Feuer.
über Chefin Gundis her;
die notiert im Gegenzug sich
dafür ein paar Eier mehr.
wer in dieses Spiel sich fügt;
andre meinen dass, wer mitspielt,
doch sich selber nur betrügt.
trotz der neuen großen Zelle",
sagt Carrar frustriert. „Das war ein
Schuss wohl in die Mikrowelle.“
haben tapfer wir gekämpft -
jetzt sind's zwei. Welch ein Erfolg!"
sagt auch Gisela gedämpft.
sicher", flüstert Kunigunde.
"Dann werd ich den Abgang machen
schnell in einer günstgen Stunde."
Kunigunde leis ins Ohr.
"Eine Frage, ganz am Rande:
wie stellst du dir so was vor?"
enge Loch im Zaun verlassen;
zwar ist's eine kleine Lücke,
doch es könnte trotzdem passen."
gar nicht ganz so frohen Mutes,
und als Gundis aus der Halle
geht, vermutet sie nichts Gutes.
und er tut recht eingeschnappt:
"Ich muss hören, dass ihr immer
noch so viel zu nörgeln habt.
auch ganz sicher schon geahnt,
was mit einem Huhn passiert,
das von hier zu flüchten plant."
dass es gut zu sehn für alle,
und der Ventilator schleudert
ihren Kopf quer durch die Halle.
aber Gundis stört das nicht.
Gisela spuckt auf den Boden,
und sie schreit ihr ins Gesicht:
was bewirkt dein Denunzieren?
Ach, ich würde allzu gerne
wissen, womit sie dich schmieren."
Schwester, ist mir gar nicht lieb.
Ich bekomme nichts dafür,
denn es geht mir ums Prinzip."
mischt sich nun Clothilde ein.
"Wes Korn ich pick, des Lied ich kräh,
sollt's auch ein Habicht sein!"
Gundis Chefblick imitiert,
sagt, auf einer Kralle stehend:
"Majestät sind indigniert."
sagt in knapp beherrschtem Ton:
"Endlich haben wir gesiegt, doch
Undank ist der Hühner Lohn."
7. Kapitel
man durch Zufall offenbar
auch Clothildes Legeklappe
sowie die von Gisela.
"Man ist hier ja doch nicht kleinlich;
dass ich dieses Mal dabei wär,
schien mir äußerst unwahrscheinlich."
"Du bist nicht ganz realistisch,
denn wer Gundis einzuschätzen
weiß, der ist nicht optimistisch.
blinde Hühner sich verpflichtet,
und wir beide werden draußen
höchstwahrscheinlich hingerichtet."
sie am Flügel jemand zupfen;
Gundis sagt: "Ich hab mit euch ein
kleines Hühnchen noch zu rupfen.
kann ich äußerst wenig leiden",
und ein Heer von Gundianern
stürzt sich krächzend auf die beiden.
voller Hass und blinder Wut,
Federn wirbeln durcheinander
und vermengen sich mit Blut.
ist, wird sicher man verstehn:
auf und nieder geht der Posten,
so als hätt er nichts gesehn.
kann die Wirkung nicht verfehlen,
und empor zum Schöpfer schweben
bald zwei junge Hühnerseelen.
für ihr tapferes Betragen,
während andre ihre Flügel
überm Kopf zusammenschlagen.
zu der Festzeremonie:
sie ernennt das Huhn Karola
jetzt zur Heldin der Batterie,
von dem Vorbild ihres Falls,
und sie hängt als Anerkennung
ihr den Orden um den Hals.
auch zum Reden zu bewegen,
diese sagt nach lautem Räuspern
und nach kurzem Überlegen:
und der Traum ist nicht vorbei:
glücklich lebten wir im Grünen -
alle Hühner waren frei!
hatten unser Nest im Gras,
und von einem blauen Himmel
schien die Sonn ohn Unterlass.
immer wieder uns zu locken;
fröhlich spielten unsre Küken
zwischen großen Osterglocken.
von dem neuen Friedensreich:
dort gab's keine Hierarchie,
alle Hühner waren gleich!
unsre Eier fortgestohlen,
niemand hatte zu gehorchen,
und kein Chef hat uns befohlen.
auf der grünen Wiese laufen;
hin und wieder kam ein Mensch,
um von uns ein Ei zu kaufen.
von dem Hühnerparadiese -
nicht von einem nach dem Tode,
sondern hier auf dieser Wiese.
brauchte man nicht aufzustehn,
und man brauchte mit den Hühnern
abends nicht zu Bett zu gehn.
mehr zu Reichtum zu verhelfen,
wie die Vögel war'n wir frei
und so unbeschwert wie Elfen.
fest in unsre eignen Hände!
Einen Traum hatt ich heut Nacht,
träumt ihn jetzt mit mir zu Ende."
ohne etwas zu versäumen,
aber Gundis schreit verärgert:
"Legen sollt ihr und nicht träumen!"
8. Kapitel
Heldin Karola und Carrar:
so kann's nicht mehr weiter gehen,
das ist diesen beiden klar.
sie nun länger nicht ertragen,
doch sie sprechen von dem Thema
nur an ihren Freigangstagen,
noch drei andre Hühner trennen,
deren Haltung zu der Sache
diese beiden noch nicht kennen.
da, das man sich vorenthielt,
und nun wird beim Eierlegen
heimlich Stille Post gespielt.
ohne selbst sich zu gefährden,
und sie schmieden tausend Pläne,
die sogleich verworfen werden.
lässt den andern keine Ruh -
zwar stellt sich Carrar dagegen,
aber schließlich stimmt sie zu.
sammelt man am Freigangstag
um Carrar, und diese macht sich
für den letzten Aufstand stark:
endlich einen Plan zu fassen,
um uns länger nicht von Gundis
mehr bevorschnabeln zu lassen.
selber noch mehr Macht gewinnt:
lasst uns für die Freiheit kämpfen,
weil wir Hühner Hühner sind.
drum braucht es auch Familie, bitte sehr!
Uns befriedigt keine Legebox,
das ist nicht familiär.
drum hat es Krallen im Gesicht nicht gern.
Es will unter sich keinen Sklaven sehn
und über sich keinen Herrn.
drum braucht es etwas Auslauf vor dem Tor.
Uns machen keine Zäune frei
und auch keine Posten davor.
einigt euch in diesem Sinn,
dass sie bald die eure werde
und die große Legerin!
worin unsre Stärke besteht,
beim Legen und beim Fressen:
die Solidarität!
sie hat selber drauf gedrängt.
Dadurch wird der Hühnerposten
von den andern abgelenkt.
und auch Schnelligkeit vonnöten;
alle stürzen sich auf Gundis,
dieses falsche Huhn zu töten.
werden wir in Stücke reißen;
Gundianer sind so dumm,
dass sie noch die Hühner beißen.
ist der erste große Schritt,
jenes Gremiums, das unsre
Wünsche und Belange vertritt.
an das kommende Finale:
Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit
seien unsre Ideale!"
zwängt den Kopf durch Maschendraht,
und der Posten schwingt das Beil;
endlich ruft Carrar zur Tat:
auf zum letzten Gefecht:
die Anti-Gundis-Liga
erkämpft das Hühnerrecht!"
und die gackernden Rebellen
töten auch zwei Gundianer,
welche ihren Weg verstellen.
hoch in einer blutgen Schlacht;
Gundis flieht in eine Ecke,
von Getreuen streng bewacht:
hab'n mit Menschen angebandelt,
euch die Freiheit zu entreißen,
welche ich euch ausgehandelt.
und zur Not auch mit dem Leben,
um die Revolution nicht etwa
ihren Gegnern preiszugeben!"
und zerkratzt sich das Gesicht;
vielen ist nicht anzusehen
ob sie tot sind oder nicht.
flüchtge Henne umgebracht,
ist noch schneller mit Karola
fertig als man es gedacht.
in der Gundianer Reihn,
und er schlägt mit seinem Beilchen
auf die Carraristen ein.
in die Batterie zu treiben;
er verschließt die Tür, und Gundis
darf samt Anhang draußen bleiben.
9. Kapitel
hab ich Kosten nicht gescheut",
spricht der Direx, "doch ich habe
meine Großmut schwer bereut.
euch in dieser Halle bauen,
ließ euch Auslauf, doch ihr höhntet
und missbrauchtet mein Vertrauen.
Legeboxen installiert -
andre nehmen zu viel Platz fort,
was für mich sich nicht rentiert.
euer altes Futter heuer -
zwar das neue war gesünder,
aber leider viel zu teuer.
heut zum letzten Mal bewegt,
denn der Stromverbrauch ist tierisch -
darum wird er stillgelegt.
denn ihr werdet wohl kapieren,
dass ich's mir nicht leisten kann,
noch mehr Hühner zu verlieren.
spare ich mir viele Kosten:
ihr legt weiter, und ich brauche
auch kein Geld für einen Posten.
ich ein wenig abgewandelt:
Streik wird mit Elektroschock
jetzt von unten her behandelt.
denn bevor er ging in Rente,
riet der Alte mir zum x-ten
Male: Keine Experimente!
und ein bisschen war genug.
Jetzt erkenn ich seine Weisheit,
doch aus Schaden wird man klug."
oder Lyrik, die banal wird,
doch nichts gleicht dem Unternehmer,
der aus Trotz sentimental wird.
ihrer Lage gut begreifen,
fällt es ihnen denkbar schwer,
sich das Lachen zu verkneifen.
und dort wird man es gewahr:
von dem stummen Ventilator
hängt herab das Huhn Carrar.
durch des Postens schnelle Hand,
gehn mit des Direktors Töchtern
nun zum Sommerfest am Strand.
wo man gern sie leben lässt
mit dem Hahn und ihren Küken,
und mit ihrem eignen Nest.
10. Kapitel
hörte ich vor kurzer Zeit
von dem Knecht des Werkes unterm
Siegel der Verschwiegenheit.
habe sein Vertraun erweckt -
doch was gilt schon ein Versprechen,
welches ein Verbrechen deckt.
dort war's muffig, schwül und laut,
doch als Freund von Hühnerbrüsten
habe ich mich umgeschaut.
durch den schmuddeligen Saal,
aber plötzlich schweigen alle,
und sie lauschen dem Choral:
der das erste Ei ersann,
heute ruft man reuemütig
wieder deinen Namen an.
haben Menschen streng geteilt.
Alle Hühner werden Schwestern,
wo dein sanfter Flügel weilt."
bis das schöne Lied verhallt
jener, die noch glauben an das
Leben nach dem Wienerwald.
dass sie immer nur verlieren,
und sie schütteln ihre Köpfe,
um betrübt zu resümieren:
gegen Druck, Gewalt und Macht!
Wir riskierten unser Leben,
und was hat uns das gebracht?
wurde schleunigst hingerichtet,
und am Ende hätte man
fast uns alle noch vernichtet.
und gehängt das Huhn Carrar,
Gundis führt ein Menschenleben;
sonst bleibt alles, wie es war."
zu der altbekannten Leier,
und sie picken ihre Körner,
und sie legen ihre Eier.
Andre Hühner, andre Brüste.
Und sie schmeckten mir womöglich,
wenn ich andre Saucen wüsste.
Epilog (an C. St.)
voll bitterschwerer Süße,
doch vergebens bleibt der Schrei -
sie haben keine Füße.
und Edelweiß vom Hügel,
doch vergebens bleibt der Schrei -
sie haben keine Flügel.
und winden sich vor Schmerzen,
doch vergebens bleibt der Schrei -
sie haben keine Herzen.
und Kupferstecher Steiger!
Ganz genau auf zwölf Uhr stehn
der Weltgeschichte Zeiger.
die nächste hat begonnen.
Fällt der Vorhang, heißt es wieder:
gewonnen und zerronnen.
so gut wie schon verloren,
spielen bald dasselbe Stück
von anderen Autoren.
ist letztlich nur Geschichte:
Hoffnungen auf Menschlichkeit
macht stets der Mensch zunichte.